Rave ist rauschhaft, redundant, vergänglich, verschwenderisch, darüber zu schreiben fast ein Widerspruch in sich. Kein Wunder, dass daraus nie ein großes Genre erwuchs, Irvine Welshs rave novel «Trainspotting» in Danny Boyles Filmversion viel bekannter ist und Rainald Goetz’ «Rave» nicht zu seinen bedeutendsten Werken zählt (und auch nicht zu seinen besten).
Inzwischen ist überall vom Raven die Rede, ob in mehrteiligen Dokus, latent widersinnigen Fotoausstellungen («No photos on the dancefloor») oder im Frankfurter Museum für elektronische Musik. Ein untrügliches Zeichen der Musealisierung?
Der lange Sommer der Anarchie um 1989, den manch einer schon mit der Loveparade auf dem Irrweg der Institutionalisierung sah, ist long gone. Und dennoch haben Freiräume überlebt, mit denen sich gerade noch so authentisch raven lässt. Und wo so offen und reflektiert darüber geschrieben werden kann, wie es McKenzie Wark in «Raving» und Hannah Baer in «Dance Until the World Ends» tun.
Wanda Vrasti, Politikwissenschaftlerin und erfahrene Kuratorin expansiver Rave Events, nimmt die beiden herausragenden Bausteine einer kritischen Theorie des Ravens zum Anlass einer so stilistisch wie politisch versierten Analyse der ehemaligen Subkultur und seiner Einbettung in die düstere politische Ökonomie unserer Zeit:
«The cultural form that the reviewed authors try to theorize is not the DIY rave of the disaffected factory, which still exists, though much reduced, at the margins of nightlife visibility, but the club experience with rave characteristics. To use raving and clubbing interchangeably – how blasphemous of me! But in a rentier economy where real Freiraum is hard to come by, even raving gets reduced to a portable aesthetics that can be applied anywhere—the club, the museum, the abandoned work site.»
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